Warum Privatsphäre für jeden Menschen wichtig ist
Heutzutage sind unsere Daten überall. Und das ist ein grosses Problem. Du wirst in eine Schublade gesteckt, manipuliert und im schlimmsten Fall sogar umgebracht.
Wir schreiben den 12. Juli 1942.
Jakob und Miriam essen gerade mit ihren zwei Kindern zu Abend, als es plötzlich laut an der Tür klopfte.
Jakob öffnet die Haustür und sah sich einem deutschen Offizier gegenüber. Ohne ein Wort zu verlieren, drängte er sich ins Haus und begann, alles zu durchsuchen. "Was suchen Sie?", fragte Jakob mit zitternder Stimme. Der Offizier zeigte ihm ein Dokument. Es war eine Liste mit Namen und Adressen aller jüdischen Familien in Amsterdam. "Ihr Name steht hier drauf!", sagte der Offizier ohne eine Miene zu verziehen. "Packen Sie Ihre Sachen und kommen Sie mit!"
Hastig packte die Familie das Nötigste und wurde dann mit dem Lastwagen zu einem Sammellager gebracht. Von dort aus wurde sie in ein Konzentrationslager deportiert, wo Jakob, Miriam und die zwei Kinder schliesslich 3 Monate später starben.
Das "Nichts-zu-verbergen-Argument"
Die Geschichte in der Einleitung hat anschaulich gezeigt, warum das Argument "Ich habe ja nichts zu verbergen" beim Thema Privatsphäre komplett irrelevant ist. Sowohl Jakob, Miriam, als auch ihre zwei Kinder waren gesetzestreue Bürger, die nie etwas Unrechtes getan haben. Sie wohnten seit Generationen in Amsterdam und führten ein einfaches, glückliches Leben.
Zu verbergen, hatten sie nichts.
Doch dass die örtliche Behörde Daten wie Namen, Wohnort und Religion sammelte und mit den Nazis teilte, wurde ihnen (und vielen anderen jüdischen Familien) im Zweiten Weltkrieg zum Verhängnis. Und das, obwohl diese Informationen zu Friedenszeiten völlig harmlos erschienen.
Drei grosse Probleme der heutigen Datenkraken
Heute leben wir im digitalen Zeitalter.
Speicherplatz ist fast kostenlos verfügbar und Unternehmen sitzen auf riesigen Datenbergen. Privatsphäre (also das Recht, selbst zu entscheiden, wem man welche Informationen preisgibt) verschwindet immer mehr.
Google speichert Suchanfragen sowie den Browserverlauf. Im Gegenzug bekommt man passende Suchergebnisse. Facebook erfasst die Nutzeraktivität (sprich, welche Beiträge man liket, kommentiert und teilt). Dafür erhält man einen personalisierten Newsfeed und interessante Inhalte. Mobilfunkbetreiber zeichnen den Standort auf, damit sich die Netzwerkabdeckung verbessert und man jederzeit erreichbar ist. Und Mastercard sowie Visa notieren alle Kartentransaktionen, um kriminelle Aktivitäten zu erkennen.
Allerdings gibt es drei Probleme, wenn Unternehmen Daten sammeln und analysieren:
1. Der Verkauf von persönlichen Daten ist ein lukratives Geschäft
Grundsätzlich ist der Datenhandel unter strengen Vorgaben erlaubt und es benötigt nicht in jedem Fall die Zustimmung der Betroffenen. Ohnehin verstecken sich umfangreiche Berechtigungen oftmals in den Datenschutzerklärungen der Unternehmen, welche wir Menschen meistens ungelesen akzeptieren. Gesammelte Daten werden schliesslich für Profit an Dritte verkauft.
An dieser Stelle sei angemerkt: Wenn ein Service kostenlos ist, bist du wahrscheinlich das Produkt.
2. Unternehmen werden oft Opfer von Hackerangriffen
Selbst wenn Unternehmen ihre gespeicherten Daten nicht verkaufen, sind sie ein Magnet für Kriminelle. Man liest immer wieder in den Nachrichten, dass sensible Informationen durch einen Datenleck verloren gingen oder von einem Hacker gestohlen wurden.
Diese Daten werden dann weiterverkauft oder bewusst für Phishing-Angriffe verwendet.
3. Unser Konsumverhalten wird ständig beeinflusst
Unternehmen nutzen die gesammelten (oder gekauften) Daten, um personalisierte Werbung zu schalten. Werbung, die genau auf die Interessen der Nutzer zugeschnitten ist. Dadurch wird unser Einkaufsverhalten (oft ohne, dass wir es merken) manipuliert.
Unser Konsum nimmt zu und langfristig kann es unser kritisches Denken untergraben.
Trotz diesen Gefahren sollte man nicht vergessen:
Privatsphäre ist ein Menschenrecht!
So heisst es in Artikel 12 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
"Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen."
Nun... Cypherpunks glauben, dass gesetzliche und politische Massnahmen alleine im digitalen Zeitalter nicht ausreichen, um die Privatsphäre der Bürger zu schützen. Deshalb schreiben sie Code. Sie optimieren kryptografische Technologien und unterstützen die Entwicklung von Open-Source-Software.
Wir haben es dieser technisch versierten Gruppe zu verdanken, dass E-Mails heute verschlüsselt sind und nicht jeder mitlesen kann.
Doch das ist nicht die einzige Erfindung der Cypherpunks...
Bitcoin: Eine Erfindung mit Cypherpunk-Philosophie
Das elektronische Zahlungsnetzwerk Bitcoin ist ebenfalls eng mit der Cypherpunk-Philosophie verbunden. Sie ist die erste wirklich dezentrale Währung, welche ohne zentrale Autorität auskommt und von niemandem kontrolliert wird. Der Quellcode ist für jeden zugänglich und jeder kann das Bitcoin-Netzwerk nutzen.
Transaktionen können nicht zensiert werden und werden lediglich über Bitcoin-Adressen abgewickelt. Solche Adressen sind nicht mit der Identität des Nutzers verknüpft.
Am Anfang schien Bitcoin die perfekte Alternative gegen die Finanz-Datenkraken zu sein. Das Netzwerk versprach finanzielle Privatsphäre und wurde von vielen Menschen genutzt, um Werte anonym zu übertragen.
Heute gestaltet sich dies deutlich schwieriger.
Um an Bitcoin zu gelangen, werden diese meist auf regulierten Börsen gekauft. Auf Börsen, bei denen man sich ausweisen muss. Da alle jemals durchgeführten Transaktionen öffentlich in der Blockchain einsehbar sind, ist es für Unternehmen und Staat ein leichtes Spiel, eine Bitcoin-Adresse einer Person zuzuteilen.
Ausserdem sind Börsen (wie alle anderen Unternehmen) Hacks oder anderweitigen Datendiebstählen ausgesetzt.
Und wenn die Daten in falsche Hände gelangen, kann es böse enden.
Die Gefahr eines 5$-Wrench Attacks
So wurde vor 2,5 Jahren ein Unternehmer in Spanien vier Stunden lang gefoltert, bis er seine privaten Schlüssel (sprich, den Zugang zu seinen Bitcoin) herausgab. Das Vermögen, welches die Diebesbande erbeuten konnte? Umgerechnet mehrere dutzend Millionen Euro.
Anscheinend wussten die Täter, dass der Unternehmer sehr wohlhabend war und hunderte Bitcoin besass.
In der Bitcoin-Gemeinschaft hat sich für eine solche Art der physischen Gewaltandrohung der Begriff "5$-Wrench Attack" etabliert. Hierbei wird man mit einem billigen Schraubenschlüssel gezwungen, seine Bitcoin auf ein anderes Konto zu transferieren.
Du siehst also: Egal, ob in der realen Welt, im Internet, oder bei der Verwendung einer dezentralen Währung, Privatsphäre ist extrem wichtig und jeder muss sich aktiv damit auseinandersetzen, um sich selbst zu schützen.
Was du konkret unternehmen kannst?
Die Antwort ist simpel, aber nicht einfach:
Gib möglichst wenig sensible Daten preis!
Sag niemandem, wie gross dein Bitcoin-Bestand ist. Nutze VPNs, um deine IP-Adresse zu verbergen. Vermeide öffentliche WLANs. Und verwende Wegwerf-Emails und Pseudonyme, wenn du dich auf einer neuen Webseite anmeldest.
Anonym wirst du damit nicht sein. Vor allem nicht, wenn du ein Smartphone besitzt.
Trotzdem verbesserst du mit diesen einfachen Tricks bereits deinen Datenschutz.
Merke dir: Privatsphäre ist eine Treppe. Jede Stufe führt zu einem besseren Schutz und zu mehr Sicherheit. Doch je höher du die Treppen hinaufsteigst, desto besser muss dein technisches Verständnis sein.
Ich bin alles andere als ein Privatsphären-Spezialist. Wenn ich aber dennoch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bzw. einen Leitfaden für mehr Privatsphäre bei Bitcoin erstellen soll, lass es mich auf Twitter wissen.
Ich lese mich gerne in das Thema ein.