Müssen jetzt alle Kryptobörsen in der Schweiz KYC einführen?

Um die Bitcoin App Relai weiterhin nutzen zu können, muss bis zum 31. Oktober ein Verifizierungsprozess durchlaufen werden. Nun stellt sich die Frage, ob bald alle Schweizer Bitcoin- bzw. Kryptobörsen KYC einführen werden.

Müssen jetzt alle Kryptobörsen in der Schweiz KYC einführen?

Vor knapp zwei Monaten hat die Schweizer Bitcoinbörse Relai bekanntgegeben, dass all ihre Nutzer bis zum 31. Oktober einen Verifizierungsprozess durchlaufen müssen.

Benachrichtigung über KYC in der Relai App

Nicht verifizierte Nutzer können nach diesem Datum nicht mehr auf alle Funktionen zugreifen. Heisst konkret: Sie können nur noch die 12 Seed-Phrase Wörter anzeigen lassen. Käufe und Verkäufe werden nicht mehr möglich sein.

Innerhalb der EU ist ein solcher KYC-Prozess schon länger Pflicht. Die Schweiz war bis vor kurzem noch davon ausgenommen.

Was hat sich verändert?

Warum müssen Relai-Nutzer jetzt einen Verifizierungsprozess durchlaufen? Und müssen bald alle Schweizer Kryptobörsen KYC einführen? Auch Pocket Bitcoin, Mt Pelerin und Bity?

Ich möchte die Verwirrung auflösen und diese Fragen beantworten.

Viel Spass!

Was ist überhaupt KYC?

KYC (bzw. Know Your Customer) bezeichnet die gesetzliche Verpflichtung eines Finanzdienstleisters, die Identität seiner Kunden zu überprüfen. Grundsätzlich geschieht dies über einen Prozess, bei dem der Kunde seinen Ausweis und weitere persönliche Daten (wie Wohnadresse oder Herkunft der finanziellen Mittel) vorlegen muss. Der Anbieter prüft die Echtheit dieser Informationen und führt dazu meist einen Video-Identifizierungsprozess durch. Anschliessend werden die erwähnten Daten (inkl. der durchgeführten Transaktionen) über mehrere Jahre gespeichert.

Aus Datenschutzgründen, und um die Menge an sensiblen Informationen bei Unternehmen zu minimieren, sollten (wenn möglich) Dienste ohne KYC bevorzugt werden.

Die KYC-Vorschriften in der EU

Finanzdienstleister in der EU müssen sich an das geltende Geldwäschegesetz halten. Dieses zielt unter anderem darauf ab, den Missbrauch von Kryptowährungen für illegale Aktivitäten zu verhindern.

Neben der erwähnten Identitätsprüfung und der Aufbewahrung der Daten verpflichten sich Börsen, sich bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu registrieren, Transaktionen zu überwachen und verdächtige Aktivitäten den Behörden zu melden.

Diese Vorschriften sind in den Mitgliedsstaaten aktuell nicht einheitlich. Deshalb hat der EU-Rat im Mai 2023 die MiCA-Verordnung verabschiedet, womit die Richtlinien im kommenden Jahr harmonisiert und verschärft werden. Um es kurz zu machen: Transaktionen werden strenger überwacht und Dienstleister sind gezwungen, mehr Daten offenzulegen.

Doch damit nicht genug.

Ein Jahr später hat das Europäische Parlament mit grosser Mehrheit für ein neues Geldwäschegesetz gestimmt.

Das neue Gesetz verbietet es Zahlungsdienstleistern, anonyme Transaktionen zu "hosted Wallets" durchzuführen. Unter "hosted Wallets" versteht man eine digitale Geldbörse, die nicht durch den Nutzer, sondern durch eine Drittpartei verwaltet wird. Beispiele hierfür sind Accounts auf einer Kryptobörse, deren private Schlüssel nicht im Besitz der Nutzer sind, oder Lightning-Wallets wie Wallet of Satoshi.

Selbstverwaltete Wallets sind von dieser Regelung ausgenommen. Transaktionen auf die BitBox02 werden also weiterhin erlaubt sein.

Fraglich ist derzeit, wie das Verbot kontrolliert werden kann, wenn die Wallet-Anbieter nicht in der EU registriert sind. Ausserdem ist noch unklar, wann das neue Gesetz in Kraft treten wird.

Wohin die KYC-Reise in der EU gehen wird, ist jedoch mit den immer schärfer werdenden Regeln klar.

Die KYC-Vorschriften in der Schweiz

Die Aufsicht und Regulierung von Kryptobörsen fällt in den Aufgabenbereich der FINMA (die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht).

Die FINMA kontrolliert Zahlungsdienstleister aber nicht direkt, sondern überwacht lediglich sogenannte Selbstregulierungsorganisationen. Eine solche Organisation ist der Verein zur Qualitätssicherung von Finanzdienstleistungen (VQF). Der VQF stellt wiederum sicher, dass Bitcoinbörsen ihre Pflichten einhalten.

Welche Pflichten hat eine Börse in der Schweiz?

Neben der Registrierungspflicht muss sie die Identität des Kunden prüfen, falls dieser Transaktionen von über CHF 1.000 pro Tag oder CHF 100.000 pro Jahr tätigt. Identifikations- und Transaktionsdaten müssen zudem für 10 Jahre aufbewahrt werden.

Für Transaktionen unterhalb der Tausender-Grenze besteht derzeit eine reduzierte KYC-Pflicht. Hierbei zu betonen ist: Die reduzierte KYC-Pflicht bedeutet nicht, dass du völlig anonym agierst. Schliesslich wird bei der Überweisung dein Name, deine Adresse und deine Bankverbindung offenbart. Das ist der Grund, weshalb bis vor kurzem Bitcoin-Käufe bei Relai ohne Registrierung möglich waren.

Obwohl für kleinere Transaktionen kein aufwändiger KYC-Prozess erforderlich ist, sind Dienstleister verpflichtet, Transaktionen zu überwachen und verdächtige Aktivitäten den Behörden zu melden.

Diese Rechtslage hat sich seit einiger Zeit nicht verändert.

Trotzdem hat die FINMA das Limit 2021 von CHF 5.000 pro Tag auf CHF 1.000 gesenkt – in Einzelfällen sogar auf CHF 1.000 pro Monat. Und das, ohne wirklich einen demokratischen Prozess durchlaufen zu haben.

Daraufhin ging der Krypto-Automaten-Betreiber Bity rechtlich gegen die FINMA vor.

Das Unternehmen kämpft im Namen der Bitcoin-Befürworter, damit ein einfacher und sicherer Kaufprozess ohne Verifizierung weiterhin möglich ist.

Der Ausgang des Gerichtsverfahrens ist noch offen.

Warum hat Relai dennoch einen neuen Verifizierungsprozess eingeführt?

Im veröffentlichten Blog-Beitrag schrieb das Unternehmen:

"Es ist eine gesetzliche Vorschrift, die wir einhalten müssen."

Zudem geht aus Twitter hervor, dass es sich hierbei um eine Auslegung der FINMA handelt, die vom VQF strikt übernommen wurde.

Online konnte ich jedoch keine weiteren Informationen dazu finden.

Es scheint so, als wäre Relai von den Aufsichtsbehörden kontaktiert worden und konnte trotz umfangreichen Bemühungen, keine alternative Lösung finden.

Heisst das, dass andere Börsen folgen werden?

Werden bald alle Schweizer Kryptobörsen KYC einführen?

Wenn die Informationen von Relai stimmen, und der VQF die Regelung strikt übernommen hat, dann müssten Pocket Bitcoin und alle anderen Schweizer Anbieter (wie Mt Pelerin, Bity, etc) genauso einen Verifizierungsprozess für Transaktionen unter CHF 1.000 implementieren. Denn sie alle sind Mitglied des VQFs.

Das ist aber nicht der Fall. Relai ist die einzige Börse, welche KYC eingeführt hat.

Warum ist das so?

Darüber lässt sich nur spekulieren. Vielleicht wurde Relai einfach zu gross und wurde deshalb von den Aufsichtsbehörden kontaktiert. Vielleicht wollte das Unternehmen in der EU wachsen und bereits vorsorglich alle Pflichten erfüllen. Und vielleicht ist der Grund auch ein ganz anderer.

Auf meine Anfrage, woher der Sinneswandel der FINMA genau stammt und ob ihrer Meinung nach andere Anbieter folgen werden, erhielt ich von Relai leider keine konkrete Auskunft.

Von Pocket Bitcoin hingegen bekam ich eine Antwort.

Bevor ich diese jedoch teile, muss ich ein grosses Lob an Pockets Kundendienst aussprechen. Ich habe das Support-Team an einem Mittwochabend um 21:35 Uhr kontaktiert. Etwa eine halbe Stunde später hatte ich bereits eine ausführliche Antwort.

Hut ab vor dieser tollen Leistung!

Nun, wie sieht Pocket Bitcoin das Ganze? Wird das Unternehmen ebenfalls KYC einführen?

Hier ist die Antwort:

"Da es [...] keine regulatorischen Änderungen gab, bleibt bei uns bis auf Weiteres alles wie gewohnt."

Pocket Bitcoin könnte sich aber vorstellen, dass es aufgrund der MiCA-Verordnung zukünftig Anpassungen in Bezug auf die Verifizierung geben könnte – hauptsächlich bei Kunden aus der EU. Für Schweizer Kunden sollte es wohl keine Änderungen geben.

Sobald das Unternehmen mehr weiss, wird es ihre Kunden informieren. Vorerst gilt es allerdings abzuwarten.

Es müssen also noch nicht alle Kryptobörsen in der Schweiz KYC einführen.

Dennoch ist aufgrund der verschärften EU-Richtlinien anzunehmen, dass auch die Schweiz in Zukunft ihre Gesetzgebung anpassen wird. Denn die FINMA arbeitet eng mit internationalen Behörden zusammen.

Wie lange man in der Schweiz noch ohne Registrierung Bitcoin kaufen kann, bleibt weiterhin unklar und hängt wahrscheinlich vom Gerichtsverfahren zwischen Bity und der Aufsichtsbehörde ab.

Falls du jetzt eine Alternative zu Relai suchst, könnte Pocket Bitcoin eine interessante Option sein.

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