Wird Bitcoin die neue Weltreservewährung?
Im Laufe der Geschichte gab es verschiedene Währungen, die den Status der weltweiten Reservewährung innehatten. Die momentane Leitwährung ist der US-Dollar. Könnte Bitcoin folgen?
Der US-Dollar ist eine phänomenale Währung: Egal ob Finanzkrise, Corona-Pandemie oder dem Einmarschieren von Russland in die Ukraine, die USA verteidigt seit mehreren Jahrzehnten seine dominante Rolle im internationalen Währungssystem. So war es jedenfalls bisher.
Zahlreiche Zentralbanken dieser Welt halten enorme Summen in ausländischen Währungsdevisen wie dem US-Dollar. So hält die Schweizerische Nationalbank (SNB) umgerechnet knapp CHF 400 Milliarden in US-Dollar. Das entspricht 38% der gesamten Währungsreserven. Auch Euro ist auf der Aktivseite der SNB Bilanz zu finden. Mit 37% liegt der Anteil nur knapp unter dem des US-Dollars. Übrigens: Lediglich 5% der Reserven werden in Gold gehalten.
Ausländische Devisenreserven können in unterschiedlichen Formen bei den Zentralbanken vorliegen. Neben Aktien und Staatsanleihen werden auch Bankanlagen genutzt. Das wurde vor allem durch den Ukraine-Krieg deutlich, als russische Gelder auf ausländischen Bankkonten eingefroren wurden. Auch hier nahm die grösste Weltmacht einen enormen Einfluss.
Amerikas Geld ist noch immer das monetäre Zentrum der Weltwirtschaft. Es lässt sich aber feststellen, dass der Anteil US-Dollar an den globalen Reserven der Zentralbanken langsam aber stetig abnimmt. Während 1970 noch 77% der globalen Währungsreserven in US-Dollar gehalten wurden, sind es heute noch knapp 60%.
Auch China folgt diesem Trend. Das kommunistische Land trennt sich zunehmend von amerikanischen Staatsanleihen und setzt dafür immer mehr auf Edelmetalle wie Gold.
Gold in physischer Form ist damit eine weitere Möglichkeit für Zentralbanken, ihre Währung bzw. ihr Land zu sichern. Im wohl bekanntesten Goldlager der Welt, dem amerikanischen Armeestützpunkt Fort Knox, sind 4580 Tonnen Gold gelagert. Das entspricht einem Gegenwert von über CHF 250 Milliarden.
Laut der amerikanischen Regierung ist das jedoch nicht das grösste Goldlager der Vereinigten Staaten. Das Grösste befindet sich in der Federal Reserve Bank of New York. Hier werden nicht nur US-amerikanische Goldreserven gelagert, sondern auch Reserven von rund 60 anderen Ländern. Es ist damit das wahrscheinlich grösste Goldlager der Welt.
Doch beginnen wir von vorne:
Was ist eine Reservewährung?
Eine Reservewährung ist eine Fremdwährung, die von einer Regierung oder Zentralbank als Teil der Reserven eines Landes gehalten wird. Sie werden hauptsächlich dafür genutzt, um die eigene Währung zu stabilisieren und Aussenhandelsdefizite auszugleichen. In Kurzform bedeutet das, dass mit den ausländischen Währungsreserven zum Beispiel die eigene Währung an internationalen Devisenmärkten zurückgekauft wird. Dies wird besonders in Ländern notwendig, deren Importe grösser sind als deren Exporte.
Bei einem Importüberschuss entsteht zunächst eine hohe Nachfrage nach der ausländischen Währung, da die Waren in deren Währung gezahlt werden müssen. Gleichzeitig werden hierdurch weniger Waren in der inländischen Währung gezahlt. Ohne Rückkauf der eigenen Währung auf dem Devisenmarkt würde dies zu einer Abwertung der eigenen Währung führen.
Generell zeichnen sich die beliebtesten Reservewährungen durch eine hohe Wertstabilität und einfache Konvertibilität in andere Währungen aus. Diese Eigenschaften werden massgeblich von der Geldpolitik der ausgebenden Länder beeinflusst.
Die Weltreservewährungen im Laufe der Geschichte
Das ausgebende Land der Weltreservewährung zu sein, hat schon immer Vorteile mit sich gebracht. Vor allem 3 Punkte wirken sich vorteilhaft aus:
- Seigniorage Einnahmen: Hierbei handelt es sich um den Gewinn aus der Herstellung von Zentralbankgeld. Es gibt verschiedene Formen der Seigniorage. Einerseits handelt es sich um den konkreten Gewinn, der bei der Herstellung von Geld entsteht. So liegt beispielsweise der Materialwert von einer 1-Dollar-Banknote unter 1$. Andererseits kann die Zentralbank das neu geschaffene Geld gewinnbringend an die Geschäftsbanken oder andere Länder verleihen, ohne es vorher selbst geliehen oder durch Leistung eingenommen zu haben. Dieses Geschäftsmodell ist im wahrsten Sinne so gut wie Geld drucken.
- Verminderte Wechselkursunsicherheit: Ist man selbst der Ausgeber der Weltreservewährung, muss man sich um zukünftige Wechselkurse zu anderen Währungen deutlich weniger Sorgen machen, da der meiste Handel in der eigenen Währung abgewickelt wird.
- Verminderte Transaktionskosten: In gleicher Währung Geld zu transferieren ist im Normalfall deutlich günstiger.
Diese Vorteile kann seit dem Ende des ersten Weltkriegs die USA nutzen und so die negativen Auswirkungen auf das Land trotz enormen Handelsbilanzdefizit reduzieren.
Offiziell wurde der US-Dollar bei einem Treffen in Bretton Woods im Jahre 1944 zur Leitwährung "gewählt". Wobei "gewählt" hier ein falsches Bild suggerieren könnte – "verkündet" würde besser passen. Schon damals gab es Stimmen, die diesen Schritt stark kritisierten. Eine neutrale und unabhängige Währung müsse her, und keine zentral ausgegebene Währung, die nur von einem Land kontrolliert wird.
Dank des starken Militär, der politischen Stabilität und der wirtschaftlichen Vormachtstellung der USA blieben diese Stimmen allerdings ungehört und der US-Dollar kann heute noch den Status der Weltreservewährung geniessen.
In der Tat waren es in der Vergangenheit oft die Währungen der grossen Weltreiche, die als Leit- und Reservewährung genutzt wurden. In der Antike war es der römische Denarius, im Spätmittelalter der rheinische Gulden und zur Zeit des Kolonialismus das Britische Pfund.
Im Schnitt hält sich eine Weltreservewährung allerdings nur für etwa 100 Jahre in ihrer Vormachtstellung. Der Dollar ist nun seit 102 Jahren an der Spitze.
Die Geschichte lehrt uns, dass hohe Schulden, Abwertung der Währung, wilde Spekulationen und staatliche Kontrolle das Ende einer Währung bedeuten. Ob wir so weit schon sind?
Welche Währung könnte die nächste Leitwährung werden?
Vielen Ländern ist die Dominanz des US-Dollars ein Dorn im Auge. So hat Europa bereits vor über 20 Jahren reagiert und den Euro eingeführt. Die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) planen ebenfalls eine Einführung einer globalen Reservewährung in den kommenden Jahren.
Nicht unterschätzen sollte man aber auch Bitcoin. Zwar hält bisher nur das zentralamerikanische Land El Salvador Bitcoin als Teil der nationalen Währungseinlagen. Trotzdem könnten es in Zukunft noch mehr werden. Denn Bitcoin hat die Eigenschaften, die es für eine Reservewährung braucht. Bitcoin ist global, zensurresistent, transparent, fälschungssicher und hat eine vorgegebene Mengeninflation. Damit könnte Bitcoin die neutrale und unabhängige Weltreservewährung sein, die schon 1944 gesucht wurde.
Die Wahrscheinlichkeit, dass grosse Staaten oder Zentralbanken den ersten Schritt machen und Bitcoin als Reservewährung aufnehmen, ist unserer Ansicht nach niedrig. Denn bei Bitcoin gibt es keine Gewinne aus Seigniorage und keine Möglichkeit, die Geldpolitik nach eigenem Ermessen zu gestalten. Diese Macht lassen sich Zentralbanken und Staaten nicht von sich nehmen.
Die Revolution würde wahrscheinlich Bottom-Up passieren. Zuerst durch Personen im Land, die in Bitcoin sparen. Anschliessend durch Unternehmen, die ihre Bargeldreserven in Bitcoin umtauschen und speichern. Und dann durch kleinere und ärmere Länder, die keinen Ausfall an Seigniorage Gewinnen durch die Abschaffung der eigenen Währung zu erwarten haben.
Jeder einzelne Akteur ist Teil der Spieltheorie und möchte von einem günstigeren Bitcoin-Preis profitieren. Akteure, die später dazustossen, müssten einen höheren Preis für die gleiche Menge an Bitcoin zahlen. Zu den letzten Akteuren, die Bitcoin adaptieren werden, zählen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zentralbanken der heute dominierenden Länder.
Fazit
Das Konzept einer Weltreservewährung ist interessant. Während heute noch die USA Herausgeber der Leitwährung ist, könnten das morgen die BRICS-Staaten sein. Nach dem aktuellen System profitiert allerdings der ausgebende Staat noch immer überproportional von seinem Status.
Auch Bitcoin ist Teil des globalen Währungswettbewerbs. Im Unterschied zu den anderen Währungen ist Bitcoin aber neutral und würde sich von unten nach oben (bzw. Bottom-Up) ausweiten. Es bleibt spannend zu sehen, welche Währung sich schliesslich durchsetzen wird.
Selten hat eines der bekanntesten Zitate von Satoshi so gut gepasst wie hier:
„It might make sense just to get some in case it catches on“
Geniess die BitcoinReise und bis zum nächsten Mal.