Jenseits des Hypes - Bitcoin und die Zeitpräferenz

Von einem Marshmallow Experiment mit Kindern bis zur faszinierenden Welt des Bitcoins. Die Verbindung zwischen diesen beiden Themen mag auf den ersten Blick überraschend erscheinen. Doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich ein interessanter Zusammenhang. Ein Zusammenhang, der unser Verständnis über Geld und Wirtschaft hinterfragen lässt.

In einigen Beiträgen haben wir bereits davon gesprochen, dass eine niedrige Zeitpräferenz vorteilhaft sein kann.

Heute ist es soweit!

Wir klären dich darüber auf, was es mit diesem Begriff und der dahinterstehenden Eigenschaft auf sich hat, und warum Bitcoin das Äquivalent zu zwei Marshmallows ist.

Der Marshmallow Test

Der Psychologe Walter Mischel führte in den siebziger Jahren ein Experiment mit ca. 4-jährigen Kindern durch. Dabei wurden die Kinder an einen Tisch gesetzt und bekamen einen Marshmallow. Bevor der Versuchsleiter den Raum verliess, versprach er den Kindern, dass sie einen zweiten Marshmallow erhalten würden.

Die Bedingung dafür?

Sie durften den ersten Marshmallow nicht essen, bis er zurück war. Der Versuchsleiter wartete immer 15 Minuten, bevor er wieder den Raum betrat.

Für die Kinder kam erschwerend hinzu, dass der Raum völlig frei von Ablenkungen war. Bis auf Tisch und Stuhl waren die Kinder mit dem Marshmallow auf sich allein gestellt. So konnte nicht nur erfasst werden, wie die Kinder sich in der Zwischenzeit ablenkten, sondern es konnten auch viele Erkenntnisse zu Selbstkontrolle, Frustrationstoleranz und Ausdauer gesammelt werden.

Die Kinder standen nun also vor der Wahl: Einen Marshmallow sofort oder zwei Marshmallows zu einem späteren Zeitpunkt?

Wenn sie auf den gegenwärtigen Konsum verzichten, in der Voraussicht, in Zukunft mehr konsumieren zu können, würden sie dadurch eine niedrige Zeitpräferenz beweisen.

Merke dir entsprechend: Belohnung aufschieben = Niedrige Zeitpräferenz.

Hingegen zeigt sofortige Befriedigung und Bevorzugung der Gegenwart eine hohe Zeitpräferenz.

Nun aber zurück zur Studie. Zu welchem Ergebnis kam sie?

Einige Kinder assen den Marshmallow sofort, während andere geduldig darauf warteten, zwei zu bekommen.

Viel interessanter sind jedoch die Nachbeobachtungen, welche 10 Jahre später durchgeführt wurden. Es zeigte sich: Umso länger die Kinder den "Belohnungsaufschub" meisterten, desto mehr akademischen-, emotionalen- und sozialen Erfolg hatten sie gegenüber den Kindern, die der Versuchung nicht, bzw. nur kurz widerstehen konnten!

20 Jahre später hat man bei den Kindern, die in jungen Jahren eine niedrige Zeitpräferenz bewiesen haben, festgestellt, dass sie häufiger einen Hochschulabschluss hatten, seltener Drogen nahmen und eine geringere Wahrscheinlichkeit für Übergewicht und Zivilisationskrankheiten hatten.

Die Nachbeobachtungen dauerten über 40 Jahre an und brachten immer mehr Vorteile für die geduldigen Kinder zu Tage.

Doch was hat das mit Bitcoin zu tun?

Darauf wirst du gleich selbst kommen. Lass uns deshalb einen kleinen Sprung zur Seite machen und uns gemeinsam das digitale Geld anschauen.

Vom Marshmallow zum Bitcoin

Seine einzigartigen Eigenschaften machen Bitcoin zu "hartem Geld".

Nach jedem Halving wird die Blocksubvention halbiert. Während aktuell alle 10 Minuten 6,25 BTC in den Umlauf kommen, sind es voraussichtlich im April 2024 nur noch 3,125. Dieser Mechanismus wiederholt sich etwa alle 4 Jahre bis im Jahr 2140 eine Gesamtmenge von 21 Millionen erreicht wurde.

Vereinfacht gesagt: Der Bitcoin wird immer knapper.

Das führt dazu, dass er seinen Wert über die Zeit hinweg schütz und im Vergleich zu allen anderen Dingen sogar stetig erhöht.

Wenn sich die Preise von Waren und Dienstleistungen gegenüber einer Währung immer weiter verringern, spricht man in der Ökonomie von Deflation. Das perfekte Beispiel für Deflation liefert uns der Markt für Computerchips.

Dieser ist nämlich schon seit seinem Bestehen deflationär. Wenn du dir heute ein Smartphone kaufst, tust du das in der Regel in dem Wissen, dass es im nächsten Jahr ein besseres Gerät für den gleichen Preis gibt. Hier stehst du also bereits vor der Entscheidung, ob du es sofort kaufst oder nicht lieber abwartest und dir das bessere Gerät aus dem nächsten Jahr zulegst.

Nun stell dir vor: Alle Produkte sind gegenüber Bitcoin deflationär.

Wirst du dir diesen Stuhl nun in dem Wissen kaufen, dass du im nächsten Jahr zwei Stühle für den gleichen Preis bekommst? Bzw. wirst du jetzt einen Marshmallow essen, wenn du in 15 Minuten zwei erhältst?

Wahrscheinlich hast du verstanden, auf was wir hinaus wollen.

Indem der Bitcoin dich bei jedem Kauf vor diese Entscheidung stellt, gibt er dir einen Anreiz, über deine Zukunft nachzudenken. Kurzum: Bitcoin senkt deine Zeitpräferenz.

Warum das heutige Geldsystem deine Zeitpräferenz erhöht

Das heutige Finanzsystem hingegen gibt der Gesellschaft kaum Anreize, eine niedrige Zeitpräferenz an den Tag zu legen. Sprich: Du bist eher bereit den Marshmallow jetzt zu essen, anstatt 15 Minuten zu warten, um eine höhere Belohnung zu erhalten.

Die Geldmengenexpansion hat in den letzten Jahren rapide zugenommen.

Das Geld der Menschen ist durch die Inflation noch schneller entwertet, als es die Jahre davor schon der Fall war.

Die Zeitpräferenz der Menschen ist dadurch so hoch gestiegen, dass immer mehr Geld in unnötigem Konsum verschwendet wird. Mehr Kleider. Mehr Schuhe. Mehr Kosmetikprodukte. Mehr Fast Food. Immer mehr, mehr und mehr.

Denn auf dem Bankkonto verliert das Geld schliesslich stetig an Kaufkraft.

In Zeiten, in denen es durch Krisen notwendig geworden ist, immer mehr Geld zu drucken, suchten die Menschen alternative Anlagen wie Sachwerte und Gold. So, dass sie ihre Kaufkraft bewahren konnten.

Mit Bitcoin gibt es heute eine weitere Alternative. Eine, die in der Vergangenheit die Inflation langfristig gesehen schlagen konnte. Und eine, die dank seinen Eigenschaften in Zukunft wohl weiter vor Geldmengeninflation schützen wird.

Bitcoin hat zudem das Zeug dazu, die Zeitpräferenz der Menschen deutlich zu senken.

Wie gross das Potenzial davon ist?

Das ist nur schwierig einzuschätzen. Es gibt allerdings viele Personen, die darüber berichten, dass sie seit ihrer Entdeckung von Bitcoin ihren eigenen Konsum hinterfragen. Sie leben minimalistischer und konsumieren bewusster. Denn sie wissen, dass das Geld in einem deflationären Gut besser investiert ist als in einem inflationären.

Wenn mehr und mehr Menschen erkennen, dass Bitcoin den Währungsmarkt zukünftig anführen könnte, wird die Adoption weiter fortschreiten. Zwar langsam, aber stetig. Eben mit niedriger Zeitpräferenz.

Über die Zukunft lässt sich dann nur noch spekulieren.

Wir können uns jedoch sicher sein, dass sie in guten Händen sein wird, wenn wir ihr mehr Aufmerksamkeit schenken.

Der Begriff Hype, der in den Medien oft zum Einsatz kommt, ist gerade in Bezug auf echte Bitcoiner also ziemlich fehl am Platz.

Fazit

Die Zeitpräferenz ist ein grosses Thema, deren vielen Aspekte man kaum in einem einzigen Beitrag aufzeigen kann. Trotzdem hoffen wir, dass du verstehen konntest, wie eine niedrige Zeitpräferenz nicht nur dich, sondern unsere gesamte Gesellschaft voranbringen könnte.

Nicht ohne Grund waren im späteren Leben die Kinder erfolgreicher, die beim Marshmallow Test die Belohnung aufgeschoben haben.

Und wenn dein Opa einen Baum für einen schönen Schattenplatz gepflanzt hat, dann tat er das sehr wahrscheinlich in dem Wissen, dass er selbst nie im Schatten dieses Baumes sitzen wird.