Bitcoin Ekasi: Der einzige Weg aus der Armut?

Ich habe Bitcoin Ekasi in Mossel Bay (Südafrika) besucht und war von meinen Erlebnissen sowohl zutiefst schockiert als auch komplett erstaunt. Hier teile ich meine Erfahrungen auf Deutsch.

Bitcoin Ekasi: Der einzige Weg aus der Armut?

Ich befinde mich gerade in Südafrika, genauer gesagt Kapstadt.

Vor zwei Wochen reiste ich nach Mossel Bay, um mir ein einzigartiges Projekt anzusehen: Bitcoin Ekasi.

Mossel Bay ist eine Hafenstadt mit etwa 120'000 Einwohnern und liegt knapp 5 Autostunden von Kapstadt entfernt. Die Strasse führt entlang einer atemberaubenden Route: Mit dem Ozean auf der rechten und der Berglandschaft auf der linken Seite.

Wahrscheinlich ist es eine der schönsten Strecken, die Südafrika zu bieten hat.

Doch so idyllisch die Landschaft hier ist, so rau sind oft die Lebensbedingungen der Menschen. In den Townships – den informellen Siedlungen – leben Familien in kleinen, improvisierten Behausungen, meist ohne fliessendes Wasser. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und viele Menschen leben in Armut. Zukunftsperspektiven sind kaum vorhanden.

Umso mehr faszinierte mich die Idee, dass Bitcoin hier eine praktische Lösung bieten soll.

Aber lass uns von vorne beginnen.

Was ist Bitcoin Ekasi?

Bitcoin Ekasi ist eine Erweiterung der gemeinnützigen Organisation The Surfers Kids.

The Surfers Kids wurde 2010 gegründet und setzt sich seitdem für die Stärkung der Jugend in einem verarmten Township ein. Dazu bieten sie kostenlose Surflektionen inklusive Mahlzeiten an. Das Surfen soll die Persönlichkeit der Kinder stärken, ihnen Hoffnung geben, und Werte wie Disziplin und Durchhaltevermögen vermitteln.

Die Organisation finanziert sich dabei zu 100% durch Spenden. Dank Bitcoin Ekasi seit einigen Jahren vor allem durch Spenden in Bitcoin.

Heute erhalten die Surflehrer ihren Lohn direkt in Bitcoin und können diesen im Township ausgeben. Dort akzeptieren bereits Supermärkte, Restaurants, Waschanlagen, Friseure und Autowerkstätte Bitcoin-Zahlungen per Lightning. Bitcoin Ekasi arbeitet stetig daran, weitere Geschäfte an Bord zu holen und die finanzielle Bildung in der Gemeinschaft zu stärken. Sie unterrichten nicht nur Kinder, sondern tauschen sich auch aktiv mit den Bewohnern über Bitcoin aus.

Schon jetzt existiert im Township eine kleine Bitcoin-Kreislaufwirtschaft. In Zukunft möchte Bitcoin Ekasi diese noch erheblich ausweiten.

Dazu jedoch später mehr.

Meine Erfahrung im Township

Als ich im Surfzentrum ankam, begrüsste mich Luthando herzlich. Luthando ist der Community Leader und lebt selbst im Township.

Schon auf den ersten Blick war klar: Er ist ein echter Bitcoiner und brennt für das Projekt. Nicht ohne Grund hat er sich extra am Sonntag Zeit für mich genommen – seinem einzigen freien Tag in der Woche.

Nachdem mir Luthando das Surfzentrum gezeigt und Bitcoin Ekasi vorgestellt hatte, sprachen wir über die Herausforderungen der Menschen in den Townships. Er erzählte mir von den harten Lebensbedingungen: Viele haben keinen Zugang zu fliessendem Wasser und leben in selbstgebauten Blechhütten. Blechhütten, die oft nicht dicht sind. So ist es nicht selten, dass Familien mitten in der Nacht aufstehen müssen, um ihre Betten vor eindringendem Wasser zu retten.

Auch Luthando lebte vor einigen Jahren noch in einer solchen Hütte.

Ich wollte mir ein genaueres Bild davon machen. Entsprechend fuhren wir gemeinsam ins Township – natürlich im berühmten Bitcoin Ekasi Mobil.

Während der Fahrt teilte mir Luthando mit, dass über die Hälfte der Einwohner arbeitslos ist. Wer einen Job hat, unterstützt meist seine ganze Familie. Das restliche Geld wird dann oft für Drogen oder Alkohol ausgegeben. Für viele ist es ein Weg, um dem harten Leben wenigstens für einen kurzen Moment zu entkommen.

Diese Realität konnte ich hautnah miterleben, als wir im Ekasi Center ankamen. Das Center befindet sich inmitten der Siedlung.

Ich sprach mit einem Mann, der als LKW-Fahrer arbeitete. Luthando kannte ihn, er war ein alter Freund von ihm. Neugierig fragte ich ihn, was er von Bitcoin Ekasi halte und ob er ebenfalls in Bitcoin spare. Sichtlich angetrunken und trotzdem völlig ernst sagte er zu mir: "Du und ich werden sterben. Wir alle werden sterben. Warum soll ich also für die Zukunft sparen?!"

Erst da wurde mir klar: Ihm (und vielen anderen Bewohnern) ist das Konzept "Sparen" komplett fremd.

Eigentlich ist das nicht verwunderlich. Denn etwa 95% der Einwohner haben kein Bankkonto und keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Sie nutzen ausschliesslich Bargeld, konkret den Südafrikanischen Rand, der in den letzten 20 Jahren über 60% seines Werts verloren hat.

Sparen ist dadurch quasi unmöglich.

Zudem sind die Zukunftsaussichten düster. Den Leuten fehlt es an Bildung und Arbeit. Ihre Chancen auf eine bessere Lebensqualität sind extrem einschränkt.

Warum sollte Bitcoin ausgerechnet hier eine Lösung sein?

Diese Frage habe ich Luthando auch gestellt. Seine Antwort faszinierte mich.

Luthando erzählte, dass er vor wenigen Jahren noch eine ähnliche Denkweise hatte wie sein Freund, der LKW-Fahrer: Herausforderungen im Township liessen ihn keine Gedanken über die Zukunft machen. Er lebte im Hier und Jetzt.

Doch zwei Dinge änderten seine Mentalität um 180 Grad.

Einerseits waren es seine Kinder: Luthando möchte, dass seine Kinder später ein leichteres Leben führen. Dafür arbeitet er hart.

Und andererseits war es Bitcoin: Luthando erkannte, dass Bitcoin so konstruiert ist, dass sein Wert langfristig steigen wird. Schliesslich trifft Geld, das unbegrenzt gedruckt werden kann, auf Geld, das auf 21 Millionen begrenzt ist.

Das erste Mal in seinem Leben konnte er sparen.

Diese Erkenntnis gab ihm Hoffnung auf eine bessere Zukunft – nicht nur für sich und seine Kinder, sondern für die gesamte Gemeinschaft im Township.

Luthando ist nicht der Einzige, der eine solche Verwandlung durchgemacht hat. Die Inhaberin des Supermarkts erhält heute etwa 20% ihrer Einnahmen in Bitcoin. Sie war damals die Erste, die Bitcoin im Dorf akzeptiert hat. Ihr Traum ist es, den Shop zu vergrössern. Dazu versucht sie, möglichst viele Satoshis anzuhäufen.

Das grosse Projekt von Bitcoin Ekasi

Andere Einwohner sind deutlich skeptischer. Luthando erklärte, dass manche mit Kryptowährungen abgezockt wurden und dabei Geld verloren haben. Sie betrachten Bitcoin als Betrug und denken, dass Bitcoin Ekasi ihnen nur das Geld aus den Taschen ziehen möchte. Kaum jemand sieht Bitcoin als Werkzeug, das ihnen Hoffnung schenkt und ihre Zukunft verbessert. Stattdessen befürchten viele, dass die Leute von Bitcoin Ekasi einfach aus Mossel Bay verschwinden werden, nachdem sie mit ihren Betrugsmaschen genug verdient haben.

Dieses Bild möchten Luthando und sein Team ändern. Aktuell planen sie den Bau eines neuen Ekasi Centers, in dem Workshops, Schulungen und Kurse über Bitcoin stattfinden werden. Das Gebäude soll gross und eindrucksvoll werden.

Es soll den Bewohnern drei wichtige Dinge vermitteln:

  1. Bitcoin ist kein Betrug.
  2. Bitcoin Ekasi ist hier, um zu bleiben.
  3. Bitcoin kann helfen, Wohlstand aufzubauen – vielleicht sogar so sehr, dass man eines Tages in einem eigenen, schönen Haus leben kann.

Luthando ist überzeugt, dass dieses Bildungszentrum viele Menschen anziehen und die lokale Bitcoin-Kreislaufwirtschaft stärken wird.

Um das Projekt zu verwirklichen, sammelt das Team hinter Bitcoin Ekasi derzeit Spenden. Falls du dich daran beteiligen möchtest (oder weitere Infos zum Projekt suchst), klicke hier.

Zusammen mit der Dezentralschweiz Community habe ich ebenfalls ein paar Satoshis dagelassen. Luthando freute sich sehr über die grosszügige Spende und bedankte sich herzlich. Nach einem kurzen Gespräch verabschiedeten wir uns, und ich machte mich auf den Rückweg nach Kapstadt.

Während ich die Strasse entlangfuhr und die beeindruckende Berglandschaft an mir vorbeizog, fragte ich mich, wie dieses Township wohl in zehn Jahren aussehen wird.

Dankbar für all die Eindrücke, die ich gewonnen hatte, erreichte ich schliesslich Kapstadt.